Land Body Scape II
Die choreographische Aufgabenstellung folgt dem Anliegen, Bewegungsmaterial der jungen ProtagonstInnen wie an einem Faden ziehend weiter zu destillieren. Das Innere (das Herz) ist im Sinne des Nō-Theaters physisch-geistiges Instrumentarium, Messwert und Leitfaden zugleich. Die entstehende Tanzsprache ist Kommunikation zwischen den TänzerInnen und trachtet danach, vertraute Muster zu durchbrechen. Solistische Bewegungsmoleküle lösen sich in Duo- und Trio-Variationen auf und verschieben den räumlich-geometrischen Fokus der Abfolgen.
„Dreaming of“ heißt hier „erzählen von“: Vom Körper als Gebein (als Gestein), determiniert durch Gewicht und Masse. Junge TänzerInnen erzählen von Leben und Tod: eine Reise in die Hohlräume der menschlichen Phantasie. Fragmente (flashes) von Stimmungen, ausgelöst durch die sichtbare Welt, bilden das theatrale Kontinuum. Diese Körperstimmungen bzw. -schwingungen sind nicht beschreibbar. Sie nehmen erst durch Schwerkraft und Geschwindigkeit, Dynamik, Farbe und Licht Gestalt an.
Und wieder trainiert, probt und erzieht Sebastian Prantl ein neues Tänzer-Ensemble in seinem feinen, dem Publikum geöffneten Atelier in der Wiener Neustiftgasse 38. Im Winter startete der Choreograf mit der mehrteilig angelegten Recherche „The Dreaming of Bones“, katapultierte sich selbst als Beweger in den weißen Raum. Bis 30.3. läuft die Arbeit mit sechs Nachwuchs-Tänzern, die von Ziya Azazi, vor Jahren TAW-Ensemblemitglied, bewegungsmäßig angefeuert werden.
Wie lange wird es dauern, bis sie auf Prantls Vokabular eingeschworen sind? Denn erst dann, so scheint es, lässt sich auch konkret wieder ein Thema erarbeiten. Derzeit sieht man angehenden Künstlern zu, wie sie ihr Instrument, den Körper, und ihren Geist versuchen zu öffnen für Spontaneität, für Risiko-Freudigkeit, für eine Mixtur aus Materialien unterschiedlichster Kulturen. Es handelt sich tatsächlich um ein künstlerisches Pädagogikum auf hohem Niveau, dem Cecilia Li Klänge von Mozart, Scelsi bis Koto-Musik zuweist […]“
[Andrea Amort, Kurier, 26.3.2004]
Viele unterschiedliche Bewegungsmuster haben in „den Träumen von den Knochen“ Platz, die Recherche betrifft vielmehr die Darstellung der Tänzer. Nicht das Private, keine Kunstfigur, sondern eine Repräsentation der eigenen Persönlichkeit steht im Vordergrund des spezifischen Prantl-Stils, dem ein gewisses Understatement, eine Zufälligkeit, ein informeller Charakter zu eigen ist. Ein Paradox, das eigentlich erst durch eine intensive Auseinandersetzung mit dem Arbeitsstil aufgeht. Wie bei Ziya Azazi, einem langjährigen Mitglied des Tanz Atelier Wien, der nun als choreographischer Assistent und Tänzer an „The Dreaming of Bones“ mitwirkt. Seine akrobatisch-poetischen Interventionen – Höhepunkt ist sein Drehtanz mit einem schwingenden Rock – stehen im Zentrum des Stückes, um das herum sich das Geschehen entfaltet. Bewegungsmuster werden untersucht und wieder verworfen, anderorts wieder aufgenommen und weiter gesponnen – in der Gruppe, als Solo, zu zweit […]“
[Edith Wolf Perez, www.tanz.at, März 2004]
Konzept/Choreographie: Sebastian Prantl
Musikalisches Konzept: Cecilia Li
TänzerInnen: Ziya Azazi (Assistenz), Alexandra Bodin, Sebastijan Gec, Felicitas Ritter, Laura Siegmund, Manuel Wagner, Esther Wrobel